Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Kreisverband Oldenburg e. V.

Radwegebau in den Landkreisen

Wie die Radinfrastruktur außerhalb der Stadtgrenze aussieht

Zu den großen Qualitäten der Stadt Oldenburg gehört aus der Radlerin Sicht, dass man relativ rasch den Stadtrand und damit in fast jeder Richtung eine Landschaft erreicht, die durchaus vielseitig und naturnah ist. Insofern ist es naheliegend, sich mal mit der Infrastruktur von „umzu“ zu beschäftigen, und die ist auch durchaus vielseitig: Die Oberflächen sind mal schön glatt asphaltiert, mal brüchig, von Wurzeln durchzogen, von den Seitenrändern her zugewachsen oder buckelig gepflastert. Wie es der Zufall wollte, kam die Redaktion in Kontakt mit Kirsten Wahl. Sie ist Bauingenieurin und unter anderem zuständig für den Bau von Radwegen. Dies bereits seit zwölf Jahren bei der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr – kurz NLSTBV, Geschäftsbereich Oldenburg. Kirsten Wahl leitet dort das Sachgebiet „Straßenbau“ und damit Baumaßnahmen in den Landkreisen Wesermarsch, Ammerland und Oldenburg. Auftraggeber sind das Land Niedersachsen und der Bund. Redaktionsmitglied Frauke Sterwerf sprach mit Kirsten Wahl über die Sanierung von Radwegen, die Baukosten und die Qualität.

Wie viele Radwegeprojekte sind für dieses Jahr geplant – und in welchen Regionen?

Insgesamt stehen 2021 18 Radwege auf dem Plan. Dabei handelt es sich überwiegend um Erneuerungsbauten: z. B. im Landkreis Ammerland einige Abschnitte rund um Bad Zwischenahn, im Landkreis Oldenburg in den Gemeindegebieten von Wardenburg, Hatten und Hude sowie im Landkreis Wesermarsch bei Großenmeer, Butjadingen und Lemwerder. Ein neu geplanter Radweg wird außerdem in der Wesermarsch an der Küste in Langwarden entstehen [1].

Umgerechnet in Kilometer: Welche Gesamtstrecke an Sanierungen und Neubauten wird erreicht?

Die Radwege für das Land machen in diesem Jahr 26,8 km aus. Hinzu kommt der Streckenabschnitt an der B211 zwischen Großenmeer und Altendorf – diese 2,5 km sind eine Maßnahme des Bundes, werden aber von uns gebaut. Der Neubau bei Langwarden wird sich über 3 km erstrecken. Insgesamt sind also Sanierungs- und Neubaumaßnahmen von gut 32 km vorgesehen.

Wer entscheidet, welche Radwege saniert werden?

Zu Jahresbeginn starte ich jeweils eine Bedarfsabfrage bei den Straßenmeistereien. Diese melden mir schadhafte Radwegeabschnitte, für die wir dann die Mittel beantragen. Für dieses Jahr wurden im Zusammenhang mit dem Sonderprogramm Radwege mehr Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt, so dass alle beantragten Projekte umgesetzt werden können. Das ist nicht immer Fall. Es kommt vor, dass nicht alle Sanierungsprojekte realisiert werden können. Mitunter spielt uns jedoch die Marktlage günstig in die Hände. So waren bspw. im letzten Jahr die Baukosten so niedrig ausgefallen, dass im 3. und 4. Quartal zügig noch einige Ausschreibungen für Sanierungen auf den Weg gebracht werden konnten.

Mit wie viel Kosten pro Kilometer Radweg rechnen Sie im Allgemeinen?

Grundsätzlich muss man zwischen Erhaltungsbau und Neubau unterscheiden, denn beim Neubau sind die Planungs- und Erschließungskosten einzurechnen. Beim Erhaltungsbau sind die Trasse und Tragschichten bereits vorhanden. Wir gehen in unserer Haushaltsplanung von 100.000 Euro pro Kilometer Erhaltungsbau aus. Für einen neuen Radweg ohne Brücken veranschlagen wir je nach den örtlichen Gegebenheiten das bis zu 10-fache. Zu berücksichtigen sind beim Neubau wie – generell im Straßenbau – die Bodenbeschaffenheit, Eigentumsrechte von Anrainern – ggf. wird Landwirten Land abgekauft, eine naturschutzrechtliche Prüfung muss stattfinden sowie Kompensation geleistet werden. Fü r den Eingriff in Natur und Landschaft muss an anderer Stelle mit dem Ziel der Renaturierung ein Ausgleich geschaffen werden [2]

Gut asphaltierte Radwege entlang zu radeln, ist ein Vergnügen. Mancherorts findet man jedoch gepflasterte Abschnitte vor, die oft unkomfortabel zu befahren sind. Gibt es Sachgründe für diese unterschiedlichen Oberflächen?

In den 1980er Jahren hat man Radweg-Oberflächen auch außerhalb von Ortschaften als Modell für den Baumschutz gepflastert. Diese Bauweise hat sich nicht bewährt. Außerorts werden Radwege heutzutage standardmäßig asphaltiert. Gepflasterte Abschnitte weisen in der Regel auf Maßnahmen von Versorgungsträgern hin, z. B. Leitungsarbeiten für Kommunikation oder Stromversorgung. Diese Stellen werden nach Abschluss der Rohr- oder Leitungsarbeiten zunächst für die Phase der Setzung mit Pflaster abgedeckt und danach wieder mit einer Asphaltschicht versehen. Die Instandsetzung der Oberfläche liegt übrigens in der Zuständigkeit der Versorgungsträger. Meine Kollegen in den Straßenmeistereien machen regelmäßig Kontrollfahrten in den Landkreisen und mahnen noch nicht erfolgte Rückbauten an.

Im städtischen Straßenverkehr sind Radwege sehr oft Unsicherheitsfaktoren: zu schmal, und die Wegführung macht Radfahrende „unsichtbar“. Wie sieht die Situation bezogen auf Landes- und Bundesstraßen aus: Kann z. B. ein vorhandener Radweg verbreitert werden?

Bei einem Sanierungs- oder Erhaltungsbau sind die Breite und der Verlauf des Radwegs vorgegeben. Schon wegen vorhandener Bäume, Gräben oder der Nähe zur Straße ist keine Veränderung der Breite möglich. Die schadhafte Asphaltschicht wird abgefräst, die Kanten werden gesäubert und schließlich eine neue Asphaltdecke aufgebracht. Es kann der Eindruck einer Fahrbahnverbreiterung entstehen. Diese Wirkung würde ich darauf zurückführen, dass die Pflanzen an den Rändern des Radwegs im Zuge der Baumaßnahme umfassend entfernt werden.Wir versuchen jedoch nach Möglichkeit, die Wahrnehmbarkeit des Radverkehrs durch eine veränderte Streckenführung zu verbessern. Die Kreuzung in Metjendorf (Alexanderstraße/Schwarzer Weg) ist ein Beispiel. Vor dem Umbau wurden Radfahrende mit einem Abstand von mehreren Metern hinter Buschwerk und Bäumen neben der Straße geführt und somit nicht sichtbar. Nach Hinweisen der Verkehrsunfallkommission des Landkreises auf Häufung von Unfällen wurde bei der Sanierung darauf geachtet, dass sich Radfahrende im Mündungsbereich der Straße Schwarzer Weg stets in der Sichtachse des PKW/LKW-Ver-kehrs befinden.

Frau Wahl, herzlichen Dank für das Gespräch.

Zur Person: Kirsten Wahl lebt mit ihrer Familie, Hund und Pferden an der nördlichen Stadtgrenze. Sie nutzt für ihre Wege sowohl Fahrrad als auch Auto und ist häufig zu Fuß unterwegs. Dass sie dabei die jeweilige Perspektive des Verkehrsmittels einnimmt, hat sich bei ihrer Arbeit in der Straßenbehörde schon oft als vorteilhaft erwiesen.

1) Die komplette Liste kann hier auf der Website des ADFC Oldenburg eingesehen werden

2) So mussten z. B. für den Neubau des Radweges an der L 859 Langwarden – Brückenhof 106 Bäume beseitigt werden. Dafür müssen 222 Bäume wieder gepflanzt werden. Dies erfolgt beispielsweise durch Umwandlung eines Hybridpappelforstes zu einem naturnahen Eichen- Hainbuchenmischwald bzw. Erlenbruchwald im Landkreis Wesermarsch.

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